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2006 | 1

Hans Schork

Eröffnung: Samstag, 11. Februar, 17 Uhr

Ausstellungsdauer: 12. Februar – 12. März 2006

Lichtkinetische Objekte


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Während des Aufbaus dieser Ausstellung sagte Hans Schork in einem Gespräch zu mir, er will kein Künstler sein. Nicht schlecht, und nun habe ich die Aufgabe über eine Kunst zu sprechen, die vielleicht gar keine ist, weil ihr Urheber kein Künstler ist.

Also lassen wir den Urheber einstweilen beiseite und schauen uns die Arbeiten in der Galerie im Ganserhaus an. Schwerpunkt dieser Ausstellung sind die lichtkinetischen Objekte. Diese mit Licht gefüllten Kästen lassen uns nur zum Teil an diesem Licht teilhaben. Nur dort, wo der Urheber es durch seinen Eingriff möglich macht, blitzt das Licht aus dem schwarzen Kasten und berührt uns. So wie ein Mensch aus seiner Mitte einem anderen Menschen begegnen kann, mit einem Wort, einer Geste oder einer Berührung. Das Selbst sein, die eigene Mitte, wird seit jeher mit einem Kreis, einer Kugel, symbolisch in Verbindung gebracht. Dort wo sich das Kreuz überschneidet oder der Kreis im Quadrat. Wie ein Radar dreht sich die Scheibe in dem schwarzen Kasten und sendet Lichtsignale in der Hoffnung, dass diese von einem Gegenüber wahrgenommen werden. Läuft das Gegenüber auf einer anderen Frequenz besteht keine Kontaktmöglichkeit. Gibt es aber bei Beiden Berührungspunkte, an denen ein gemeinsames Gefühl aufblitzt – einen gemeinsamen Punkt an dem beide durchlässig sind, dann findet Begegnung statt.
Die verschlossenen schwarzen Kästen geben ihr bewegtes und bewegendes Geheimnis nur in Andeutungen preis, wie eine sich ständig verändernde Zeichnung.
Oder wie Wasser im Dunkel, das schwarz vor einem liegt und durch die schwappende Bewegung Restlicht in der Nacht auffängt und dadurch wieder als Wasser – als Flüssigkeit wahrnehmbar wird.
Das aus den Kästen dringende Licht zeichnet nach was der Urheber ursprünglich skizziert hat, aber immer nur dort, wo sich die schwarze Frontplatte und die Drehscheibe im inneren gemeinsam Richtung Lichtquelle öffnen können.
Dort entstehen die Lichtzeichen, die für uns zu einer Lichtzeichnung werden, immer in Bewegung. Der Urheber verlangt uns hierfür unsere Zeit ab, ohne diese wir das Werden und Vergehen der Lichtzeichnung nicht wahrnehmen können. Ohne Zeit können wir das schwarze Wasser nicht fließen und schwappen sehen. Ohne Zeit nehmen wir uns und unser Gegenüber nicht war, bringen uns um den Genuss der Begegnung.

Die Zeichnungen und Skizzen, aus denen in der Folge die Kästen entstehen, sind wie Negative. Dort, wo später Öffnungen das Spiel mit dem Licht zulassen, sind auf den Zeichnungen schwarze Striche auf weißem Papier. Es ist ein komplexer Vorgang von der Idee, die bei Licht auf Papier gezeichnet wird, bis zu der Herstellung der Scheiben, die dann ihrerseits Dunkelheit erzeugen, da die Lichtquelle dahinter verborgen wird. Dort, wo in der Skizze schwarze Linien zu sehen waren, sind jetzt Schlitze und Öffnungen, die das Licht durchlassen und die gleiche Zeichnung nun fragmentarisch wieder freigeben.

Oben im ersten Stock sind zwei Objekte zu sehen, ursprünglich Telefonbücher.
Im ersten Augenblick haben diese zwei Bücher nichts mit dieser Ausstellung zu tun. Nimmt man sich aber die Zeit diese zu betrachten, ist ähnliches passiert wie in den Kästen. Ein leeres Telefonbuch voller Telefonnummern, helles Papier wird Seite für Seite mit Tusche überzeichnet, ein Buch mit Porträts und ein Buch mit Landschaften.
Die Seiten werden durch die Tuschzeichnungen geschwärzt und quellen auf. Dadurch verschließt sich das Buch zu einem Fächer, der Zugang zum Inhalt, dem ursprünglichen und dem künstlerischen, wird uneinsehbar und blitzt, diesmal schwarz, lediglich fragmentarisch auf. Die Möglichkeit das Buch zu benutzen existiert im eigentlichen Sinne nicht mehr, ein Stück Alltag musste ausradiert, nein überzeichnet werden, um neu zu erstehen.

Dieses Spiel zwischen Licht und Dunkel bestimmt auch die Lichtzeichnungen, die durch Langzeitbelichtungen mit dem Fotoapparat entstehen. Nur durch die Dunkelheit werden die Lichtzeichen auf den Film gebracht, bei Tageslicht würde eine solche Langzeitbelichtung zu einer Überbelichtung führen. Wir könnten auf einem solchen Foto nur die Taghelle sehen, aber nicht das Licht selbst. Verstärkt wird dieser Eindruck auf unserer diesjährigen Jahresgabe, allesamt Unikate Lichtzeichnungen, die dann mit Asphaltlack überzeichnet wurden. Das Dunkel des Lackes, wie eine in das Dunkel der Nacht verschwindende Landschaft, darüber der Abendhimmel in den faszinierendsten Farben – lichte Erinnerungen für den nächsten Tag.

Ob der Urheber dieses Werkes nun Künstler ist oder nicht kann und will, in Anbetracht dessen wie inflationär diese sogenannte Berufsbezeichnung heute häufig benutzt wird, von mir nicht geklärt werden.

In meinen Augen ist Hans Schork ein Zeichner, der mit höchster Sensibilität und Wahrnehmungslust, seiner Kunst nachgeht. Deshalb freue ich mich über diese Deine Ausstellung hier in der Galerie im Ganserhaus.

Andreas Pytlik, Februar 06